Fast wie im richtigen Leben?
Es gibt Menschen, die nur dann mit anderen Menschen Kontakt haben, wenn sie über facebook oder andere soziale Medien mit ihnen „befreundet“ sind. Ihr Selbstwertgefühl rekrutiert sich einzig und allein aus den „Likes“ („Daumen hoch“), die ihnen teilweise nahezu unbekannte „Freunde“ zuschustern. Diese virtuelle Welt ersetzt heutzutage bei Groß und Klein die realen sozialen Beziehungen von Angesicht zu Angesicht – leider auch zunehmend auf dem Land. Wirkliche Begegnungen mit spürbarer Warmherzigkeit finden in der Realität immer weniger statt. Statt dessen schwelgt man stundenlang im Internet umher um seine innere Langweile zu verdrängen und virtuell ein paar Streicheleinheiten zu ergattern. Wenn das nicht gelingt, schließt man sich Blogs oder Foren an, die einem gefallen oder die andere Gruppen verunglimpfen und beschimpfen. Macht das im Austausch mit zu wenig Gleichgesinnten nicht mehr „satt“, so „teilt“ man seine Meinung und auch alle anderen Meinungen, von denen man meint, sie wären mit der eigenen Meinung übereinstimmend. Dann verselbständigt sich mitunter eine Dynamik, die unter dem Jubel der einzelnen Gruppe zehntausend „Likes“ erntet. Und dann fühlt man sich stark, als etwas Besonderes und verfügt über eine Kompensation zu all den Defiziten in seinem Leben und dem, was man erreichen wollte und nicht erreicht hat. Dieser – um es mal in Neudeutsch als „Fake-Gefühl“ zu bezeichnen – Scheinzustand des persönlichen Mehr-Wert-Empfindens hilft dann, die zunehmende Sinn-Entleerung zu kompensieren.
Kompensieren im Sinn von ausgleichen geht aber anders. Um meinem Leben Sinn zu verleihen braucht es zwischenmenschliche Kontakte in persönlicher Begegnung von Angesicht zu Angesicht. Die als real „gefakte“ Begegnung über den Bildschirm eines Computers wird das nie und nimmermehr leisten. Im Gegenteil: ich merke überhaupt nicht mehr, wie mir virtuell das Gehirn gewaschen und ich in Strudel von Fremdmeinungen eingebunden werde – im trügerischen Glauben, dass sei alles meine „Familie“.
Natürlich kann ich das Internet bei achtsamer Benutzung auch dazu nutzen, meinen Horizont zu erweitern und um Menschen zu finden, die mir wirklich eine Unterstützung angedeihen lassen. Nur bitte acht geben auf die Dosis und die Qualität.