Mir geht es mittlerweile schon gelinde auf die Nerven: fast jede Woche wird in den Medien eine neue Sau in Form alternativer Therapierichtungen durch den Ort getrieben. Ob sie jedoch wirklich in jedem Fall das bewirken, was sie im Gewand des Exotischen versprechen sei dahin gestellt. Wie soll das gehen, wenn in esoterischen Gazetten die Ausbildung zum Ayurveda-Therapeuten als dreitägiger Intensivkurs in schnuckeliger Umgebung in der Toskana für einen happigen Energieausgleich angeboten wird.

Dagegen benötigt man im Herkunftsland Indien neun Jahre für das Erlernen dieser Jahrtausende alten Heilkunst, die übersetzt „Wissenschaft vom langen Leben“ heißt. Ayurveda begnügt sich nicht mit einer schnellen Diagnosestellung, sondern beschäftigt sich ausgiebig mit den körperlichen Erkrankungen unter Einbeziehung der Lebensumstände und Lebensführung, sowie dem aus dem Gleichgewicht geratenen Organismus, der Psyche, sowie etwaig ererbten Krankheitsauslösern. Weiterhin versucht diese ganzheitliche Methode mit Reinigung, Ernährung, Naturheilkunde, physikalischen Anwendungen und mentalen Übungen das körperlich-seelische Gleichgewicht wieder herzustellen. Auch eine für unsere Wohlstands – Zivilisation so bitter notwendige Erziehung zu gesundheitsbewusster Lebensführung gehört zum ayurvedischen Konzept.

Wenn wir uns nun in der Geschichte unserer abendländischen Heilkunst umsehen, finden wir ähnliche Ausrichtungen wie im Ayurveda. Im Detail vielleicht abweichend, aber im Großen und Ganzen übereinstimmend – sei es nun der Kneipp´sche Guss oder Dampfbäder und Ölgüsse über die Stirn im Ayurveda.

Nach der ayurvedischen Lehre werden dem Universum fünf Elemente zugeordnet, die wiederum Beziehung zu den menschlichen Sinneswahrnehmungen haben: ErdeRiechen, Wasser-Schmecken, Feuer-Sehen, Luft-Fühlen, Raum- Hören. In jedem Menschen verdichten sich diese Elemente zu drei Typen, den so genannten „Doshas“.

Dabei handelt es sich um grundlegende Lebensenergien, die jeder Mensch seit Geburt in einer nur für ihn individuell typischen Struktur mit ins Leben bringt. Man könnte das weitgehend mit unseren Blutgruppen vergleichen. Der Unterschied zu den Blutgruppen besteht jedoch darin, dass die Doshas aus dem Gleichgewicht geraten und somit Krankheiten bedingen können.

Luft und Raum bilden das „Vata“. Diese Energie steuert die geistigen und physiologischen Prozesse des Menschen. So wird zum Beispiel die Atmung und das Nervensystem durch Vata überwacht. Vata-Typen sind anfällig für Schlaflosigkeit, Nervosität, Herzbeschwerden, Rheuma und Magenleiden. Diese Menschen brauchen emotionale Wärme (zum Beispiel via guter Freundschaften), eine regelmäßige Struktur im Leben und viel Muße (Hobbys, Beschaulichkeit).

Wasser und Feuer vereinigen sich zur „Pitta“-Energie. Dieser Typ hat als Schwerpunkt den gesamten Stoffwechselbereich.. Pitta regelt Körpertemperatur, das Hungergefühl und die Verdauung. Eine Störung dieser Energie zeigt sich durch Hauterkrankungen, Neigung zu Entzündungen und Fieber, Verdauungsprobleme, Bluthochdruck, Ungeduld und Unzufriedenheit. Pitta – Menschen sollten auf regelmäßige Ess- und Trinkgewohnheiten achten und sich viel bewegen. Yoga und Entspannungsübungen sind ebenfalls hilfreich.

Erde und Wasser schließlich bilden das „Kapha“. Dieser Typus hat meist eine recht zähe und gesunde Konstitution, muss aber dabei auf ein Leben mit geistigen Aufgaben, immer wieder neuen Zielsetzungen und sonstiger Abwechslung im Leben achten. Ist die Kapha – Energie aus dem Lot, resultieren Infektanfälligkeit, Depressionen und Antriebslosigkeit.

Bei alledem gilt es zu beachten, dass es kaum eine reine Ausprägung nur eines Doshas gibt, sondern dass so gut wie immer Mischtypen vorliegen. Diese einzelnen Anteile an Vata, Pitta und Kapha zu erkennen, ist die Kunst in der ayurvedischen Diagnosestellung. Die generelle Regenerations – Kur (Panchakarma) besteht aus Massagen, Ölgüssen auf die Stirn, Dampfbäder, Reinigung (Ausleitung von Giftstoffen und Stoffwechsel – Schlacken durch sanftes Abführen), Spezielle Diät und Yoga.

Und noch einmal: derartige Therapie-Ansätze könnten wohl auch in Kneipp – Kurorten zu finden sein.

Ähnliche Beiträge