In allen Heiligen-Biographien wird das Empfinden von selbstloser Wertlosigkeit als eine hohe Stufe der Demut interpretiert. Da aber die meisten von uns den Status dieser Heiligkeit noch nicht erreicht haben, sollten wir uns in Situationen, in denen wir uns wertlos und als Versager*innen einstufen, selbst erst mal verzeihen und uns nicht noch weiter herabwürdigen. Es gilt vielmehr zu akzeptieren so zu sein, wie es uns aus Gnade möglich ist, das genügt. Alles andere ist eine Bewertung unseres „Egos“. Ich wage zu behaupten, dass auch andere Menschen sich öfters mindestens so hilflos fühlen wie wir uns. Was die Betreffenden nach außen zeigen, steht auf einem anderen Blatt. Sie haben mitunter ebenso viel versteckte Ängste wie wir, fühlen sich ebenso oft im Unterbewusstsein als „der letzte Heuler“ wie wir – nur können sie es hinter einer Fassade von Großtuerei besser verbergen.

Wenn wir uns in inneren Nöten befinden, dann tut es gut, uns in einer Partner- oder Freundschaft – wie bei Hänsel und Gretel – gegenseitig an die Hand zu nehmen. Es kann dabei mitunter auch sehr unterstützend sein, wenn wir erkennen, dass wir unter wirklich grenzwertigem Leidensdruck der Unterstützung einer höheren Macht bedürfen. Das ist kein „Kleinmachen“, sondern wird aus einer gesunden Mischung von Selbstbewusstsein und Demut heraus generiert. Und vielleicht machen wir schließlich die berührende Erfahrung, dass wir von Ewigkeit her angenommen und geliebt sind und nie aus der Liebe Gottes heraus fallen können, weil wir ein unverwechselbar individueller Fingerabdruck unseres Schöpfers sind. Halt keine Dumpfbacke, die soviel Hornhaut über die Sensibilität und Verletzlichkeit ihres menschlichen Wesenskerns hat wachsen lassen, dass sie kaum noch seelische Schmerzen wahr nimmt.

Bei einer derartig inneren Gefühlsabschottung sind es dann oft schwere Erkrankungen oder Verluste, die diesen Gefühls – Panzer aufbrechen lassen. Vielleicht erfahren wir hernach die Gnade des „Phönix-aus-der-Asche“-Erlebnis, in dem ein tieferes „Dennoch“ zu spüren ist – so nach dem Odenwälder Volksmund „Kopp hoch, aach wonn de Hals net gewasche iss.“

Ähnliche Beiträge