Der berühmte soziologisch engagierte Psychoanalytiker Horst Eberhard Richter hielt mit provozierend klingenden Thesen wie Wer nicht leiden will muss hassen der zeitgenössischen Gesellschaft den Spiegel vor.

Nach wie vor stellt die globale Zunahme von Intoleranz und Extremismus ein Phänomen dar, das an einem einfachen Beispiel erklärbar wird: Wenn ich persönlich einen Mangel bezüglich grundlegender Überlebens-Notwendigkeiten erfahre, dann ist es durchaus nachvollziehbar, wenn ich angesichts des Überflusses bei Anderen das als ungerecht empfinde.

Soziale Unruhen sind dann als Zeitbombe verständlich. Wie aber kommt es zu Hass in Foren des Internets gegenüber anders Denkende, sowie politisch und religiös von meiner Zugehörigkeits-Empfindung Abweichende, ohne dass ich einen materiellen Mangel zu beklagen hätte? Zu letzterem Phänomen lassen sich psychologische Defizite wie fehlende Anerkennung und mangelndes Selbstbewusstsein neben anderem innerlichen Unbehagen als Auslöser von Hass unterstellen. Dass diese negativen Emotionen selbstzerstörerisch wirken, bemerken die Wenigsten, die mentale Gewalt ausstrahlen: Die Betroffenen werden regelrecht von ihrem Hass geknechtet und zerfressen.

Eberhard Richter zufolge versuchen wir, unser eigenes Leid zu verdrängen. Wir projizieren dann unsere inneren Mulmigkeiten in Form von Angriffe auf Minderheiten, oder leben unser verdrängtes eigenes Leid eben an denen aus, die uns gerade über den Weg laufen.

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