Viele Sprüche alter Volksweisheiten beinhalten auch heutzutage noch eine große Relevanz. Ich erinnere mich zum Beispiel an meinen „Doktor-Vater“ an der Uni Mainz, der mir vor über vierzig Jahren mal vermittelte „Eichberg, glauben Sie einem Fünfundvierzigjährigen: Zweidrittel aller Probleme erledigen sich von selbst.“ Ich konnte das damals nicht so gut nachvollziehen, denn gerade die Probleme in meiner Doktorarbeit wollten sich überhaupt nicht in den Griff bekommen lassen. Und der Professor war gerade zum dritten Mal verheiratet – wie hatten sich da seine Probleme denn bei den ersten zwei Anläufen erledigt?

Erst als ich Jahre später selbst lebenserfahrener geworden war, begriff ich, was er gemeint hatte. Es ging nicht um Finanzprobleme, Lottogewinne oder politische Erfolge. Es ging um Ungeduld, Misstrauen und hausgemachte Blockierung von Chancen. Wir neigen – je nachdem, ob wir gute oder schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht haben – zu einer Gelassenheit in brenzligen Situationen, oder wir verfallen in ein sofortiges Aufgeben in Verzweiflung und können nicht glauben, dass schicksalshaft schwierige Umstände je wieder gesunden oder ihre Bedrohlichkeit verlieren können.

Da möchte ich Sie jetzt darum bitten, in Ihrer Lebensgeschichte mal in der Vergangenheit nachzuspüren, was Ihnen heute noch von Erlebnissen und schwierigen Momenten aus früheren Phasen ihres Lebens so belastend in Erinnerung geblieben ist, als wenn es gerade akut statt finden würde.

Natürlich kann ein Verlust von Partner oder gar Kinder lebenslänglich defizitäre Empfindungen bedingen. Trotzdem sollte ich auch versuchen, weiser zu werden, indem ich mich nicht mit Gewalt an Verluste in meinem Leben kette. Ich sollte mich vielmehr mit einer reifen Einstellung wie die Volkswahrheit „Die Zeit heilt alle Wunden“ tapfer dem Vertrauen übergeben, dass ich auch wieder schöne, erfreuliche Dinge des Lebens den schmerzhaften Erfahrungen der Vergangenheit entgegen setzen kann. Und ich brauche mich auch nicht zu ängstlich um die Zukunft sorgen, wenn ich mir die Erfahrung unendlich vieler Menschen vor mir zu Herzen nehme: „Kommt Zeit, kommt Rat“.

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