Bin ich neulich mal wieder über ein Gedicht von Joachim Ringelnatz gestolpert: „Wenn man das zierlichste Näschen von seiner liebsten Braut, durch ein Vergrößerungsgläschen sich näher beschaut, dann zeigen sich haarige Berge, dass es einem graut.“

Für einen, der sich mehr mit emotionaler denn mit rationaler Intelligenz versehen empfindet, assoziiere ich dieses Gedicht mit einem nur von Äußerlichkeit geprägten Heidi-Klum-Syndrom, dem ausschließlich eine nach ewiger Jugend strebende Oberflächlichkeit inne wohnt. Das wird auf Dauer nicht funktionieren – wir können das Altern nicht mit Schminke und Diäten überlisten. Und was jetzt? Ich setze da seit den ersten Anzeichen einer bröselnden Hardware im letzten Lebensdrittel bei mir den Aspekt der „inneren Schönheit“ dagegen. Die kann man sehr wohl jugendlich frisch und mit Humor fördern. Vor allem mit den Tugenden von Offenheit, Zuwendung und Mitgefühl.

Von ein paar genetischen Strickmustern abgesehen werden wir meiner Überzeugung nach allesamt „jungfräulich“ und mit noch vorhandenem Engel-Glanz geboren. Unsere Seele scheint zu Beginn der menschlichen Inkarnation unbefleckt zu sein und generiert die unschuldige Ausstrahlung eines Säuglings. Im Verlauf des Heranwachsens und zahlreich fehlgeleiteter Prägungen – aus meiner Sicht haben hier gerade auch etwaig pädagogische Schieflagen einen negativen Einfluss – wird diese ursprünglich gottgegebene innere Schönheit leider mit „Berge an Haaren“ überwuchert. Also sollten wir ab und zu innere Inventur halten und mal schauen , wie wir den Glanz unserer Seele wieder aufpolieren können.

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