Diese oftmals als Charakterschwäche gebrandmarkte menschliche Eigenschaft habe ich mittlerweile – jedoch erst, nachdem mein Selbstbewusstsein mit den Jahre zugelegt hatte – auch bei mir feststellen können.

Beispiel: Ich werde auf der Kerb von meinem Gegenüber nach dessen drei-vier Schoppen angehauen mit „Ich wollt´s immer schon mal frage: Sinn Sie eigentlich en rischdische Dokter, oder „nur“ Dokter ?“. Da rutschte mir tatsächlich doch ein patziges, kurz angebundenes “Nur Dokter“ heraus, bevor ich mir dann andere Tischnachbar*innen suchte. Klar geht mir dieser nach sechs Jahren Forschung verliehene Titel im Prinzip am Allerwertesten vorbei. Aber wenn der kleine Detlef in mir wieder mal wach wird, werde ich mitunter eitel.

Nun frage ich mich andererseits, ob ich ohne besagte Eitelkeit überhaupt promoviert hätte. Kaufen kann man sich mit einem Doktor-Titel jedenfalls nix, außer dass man manchmal mehr Respekt von behördlicher Seite generiert. Kurzum ich denke, wir dürfen ab und zu auch mal eitel sein.

Ich kenne da z.B. jemand mit Alkohol-Krankheit, der allein unter dem Leidensdruck seiner Eitelkeit wegen hochroter Gesichtsfärbung und beginnendem Mandolinen-Fieber seiner Hände sich an hilfreiche Stellen gewandt hat, die ihm zu einer abstinenten Lebensweise verholfen haben.

Große Werke in Kunst, Wissenschaft, Medizin und vielem mehr sind ziemlich häufig dem Umstand eines eitlen Naturells zu verdanken, da ohne den eitlen Ansporn die Motivation für die Umsetzung der entsprechenden Genialität brach gelegen und nicht tätig umgesetzt worden wäre. Ich werde jetzt abschließend mal in Klausur nachspüren, was mich wirklich zum Schreiben an dieser Stelle veranlasst – Eitelkeit?

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