Wenn wir tief erkennen könnten, dass wir nie getrennt von der uns umgebenden Natur existieren, dann sähe es auf unserem – teilweise noch leidlich schönen – Planeten mit Sicherheit weniger besorgniserregend aus. Ich meine nun ausnahmsweise mal nicht die Lage der menschlichen Spezies mit ihren Machtbestrebungen, Egoismen und dekadentem Lebensstil. Ich spreche von der Natur mit ihrer ursprünglich aus sich selbst generierenden Vielfalt in perfekter Struktur und Harmonie.
Ich selbst ertappe mich in letzter Zeit immer öfter dabei, dass ich mich mit einem verdrängenden „Geht doch noch“ beruhige, wenn ich mit den Hunden durch die Landschaft streife. Hier im Odenwald ist die Natur doch noch in Ordnung. Wirklich? Wenn ich nicht mehr fähig bin wahrzunehmen, was sich im Laufe meiner Lebensjahrzehnte in Wald, Feld und Flur verändert hat, dann muss ich davon ausgehen, dass ich in meiner Sichtweise innerlich auf einem anderen Stern zuhause bin. Als erste (aus diffuser Angst resultierende) Abwehr-Reaktion entgegnet mir z.B. ein „Wird doch alles wieder schön grün und die Blumen fangen jedes Frühjahr neu an zu blühen.“ Klar wird es nach dem Winter im Frühjahr wieder grün. Aber bei den Blümchen sollten wir mal genauer hin sehen. Die sind eindeutig weniger geworden. An den Wegrändern, auf bewirtschafteten Wiesen – ich sehe da nicht viel Buntes mehr. Vielleicht noch ab und zu die Zähesten wie Löwenzahn, Hahnenfuß und Wiesenschaum-Kraut. Und wenn wir mal außer dem Sehen noch die Sinneswahrnehmung des Riechens hinzu nehmen, dann ist das meiner Wahrnehmung nach in den letzten zwei Jahrzehnten in Gottes Freigehege ebenfalls weniger geworden, ohne dass wir es bemerkt haben. Übrigens wird in Kleintierläden für Nager und andere Mümmelmänner nur noch Heu mit der Kräutervielfalt von Alm-Wiesen feil geboten. Das riecht tatsächlich noch.
Die Vielfalt der Natur ist auf dem Rückzug. Und wenn wir ein Teil der Natur sein sollten, so ist es doch logisch, dass wir Menschen irgendwann auch über den Tellerrand fallen. In China übersteigen die Smog-Werte das Zwölffache der Höchstwerte. Aber ist ja noch ein paar tausend Kilometer weg. Erst, wenn die Satelliten-Bilder unleugbar belegen, warum unser ehemals blauer Planet jetzt „Grauer Planet“ genannt wird, werden wir uns der Berichte der Ahnen erinnern, die von der selbstlosen Schönheit dessen, was damals Natur darstellte, schwärmten und die in Einklang mit diesem Segen ihr Dasein noch genießen durften.